(Marl/Köln) Heute wurden die Nominierungen für den Grimme Online Award bekanntgegeben: 27 Netzangebote haben es in die handverlesene Auswahl geschafft, die im Kölner Mediapark präsentiert und diskutiert wurde – endlich wieder in Präsenz und, kaum überraschend, bei bester Stimmung der nominierten Macher*innen. Moderiert wurde die Veranstaltung vom Medienjournalist Christoph Sterz.
Ausgewählt wurden die Nominierungen von einer siebenköpfigen Kommission, die auf hunderte Einreichungen zurückgreifen konnte, in deren Augen das Angebot insgesamt aber eher „kein herausragender Jahrgang“ der Online-Publizistik war. Diesmal stachen einfach „deutlich weniger Angebote als in den Vorjahren aus einem breiten Mittelfeld“ heraus, so die Nominierungskommission in ihrem Statement. Gleichzeitig erkannte sie eine Konsolidierung von Formaten wie beispielsweise auf Instagram oder im Feld der Podcasts. Gerade im Audiobereich konnten „oft starke (investigative) Rechercheleistungen zu relevanten gesellschaftlichen Themen“ überzeugen, ebenso zeige sich ein souveräner Umgang mit der Formatvielfalt im Netz: „Das heißt, Stories werden über mehrere Plattformen und Darstellungsformen hinweg erzählt; Website, Podcast, Video und Social Media in einem Angebot miteinander verbunden“, so die Nominierungskommission.
Und bei den Inhalten? Beschäftigten sich im vergangenen Jahr zahlreiche Netzangebote mit der Corona-Pandemie, war diesmal der Klimawandel immer wieder Thema. Daneben spielte die Aufarbeitung der deutschen Geschichte eine zentrale Rolle: „Im Mittelpunkt hier die Auseinandersetzung mit der Nazi-Diktatur, aber auch die jüngere Geschichte wie der ‚Deutsche Herbst’“, so die Nominierungskommission. Auch ein Angebot, welches sich direkt mit dem Krieg in der Ukraine befasst, hat es in die Liste der Nominierten geschafft.
„Ich verstehe die Lust auf Neues, Herausstechendes und Innovatives seitens der Kommissionsmitglieder, denke aber auch: Das muss nicht alles sein, zumindest nicht jetzt. Immer noch müssen wir mit pandemiebedingten Unsicherheiten kämpfen, während ein Krieg direkt ‚vor der Haustür‘ stattfindet und der Klimawandel mit großer Dringlichkeit nach Antworten verlangt“, so Grimme-Direktorin Frauke Gerlach. Deshalb freue sie sich, dass die Nominierungen beim Grimme Online Award gut recherchierte Geschichten und Informationen in den Vordergrund rücken, souverän, über verschiedene Plattformen hinweg erzählt. Tatsächlich Sorge bereite ihr aber, dass die ganz jungen Zielgruppen zu wenig hochwertige Inhalte finden: „Kinder tummeln sich in immer größerer Zahl im Netz und werden hier mit teils drastischen Bildern und Inhalten konfrontiert, die nach Einordnung und Rahmung verlangen. Aber es mangelt leider seit Jahren an entsprechenden Angeboten, hier muss sich dringend etwas ändern!“
Wer ist in diesem Jahr nominiert? Fünf exemplarische Hinweise: „Cui Bono: WTF happened to Ken Jebsen?“ ist eine Podcast-Serie in sechs außerordentlich dicht erzählten Folgen (von Studio Bummens, NDR, rbb* und K2H). Nachgezeichnet wird die tragische Entwicklung eines innovativen Radiomoderators, immer schlagfertig und manchmal auch schräg – hin zu einer einflussreichen Stimme der Verschwörungs-gläubigen. Eine weitere mehrteilige Podcast-Serie (NDR) ist unter den Nominierten: „Slahi – 14 Jahre Guantanamo”. Hier wird ein langjähriger Gefangener mit seinen einstigen Folterern zusammengebracht, wodurch „ein eindrucksvoller Moment von Geschichtsaufarbeitung“ rund um 9/11 und die Folgen entsteht, so die Nominierungskommission. Fast wie ein Hintergrund¬bericht zur aktuellen Ukrainekrise wirkt das Scrollytelling-Format „Nuclear Games – Die atomare Bedrohung“ (Studios Docmine mit SRG/SRF), liefert es doch Beiträge zur hoch aktuellen Debatte um Atomwaffen und energie. Es überzeugt durch gut gemachtes Storytelling – in Kombination mit Graphic Novels, Videos und Animationen. Ebenfalls nominiert ist die Ukraine-Berichterstattung des KATAPULT Magazins, die nicht nur besondere Einblicke in den umkämpften Alltag in Kiew eröffnet, sondern auch in ihrer liebevollen grafischen Aufarbeitung überzeugen kann – was dem KATAPULT Magazin bereits die zweite Nominierung beschert. „Besonders lobend“ hat die Nominierungskommission auch die raren inklusiven Angebote hervorgehoben, wie zum Beispiel das Projekt „Sign & Sing“ auf dem nominierten TikTok-Kanal “kopf_hand_und_fuss” (ein Angebot der KOPF, HAND + FUSS gGmbH), das sich direkt an die Community der Gehörlosen wendet. Gerne „mehr davon!“ wünscht sich die Nominierungskommission für die Zukunft, denn diese ist inklusiv – auch in Social-Media-Angeboten. Alle 27 nominierten Angebote sind hier aufgelistet: https://www.grimme-online-award.de/2022/nominierte.
Direkt nach der Bekanntgabe der Nominierungen hat die Jury bereits ihre Arbeit aufgenommen und ermittelt die bis zu acht Preisträger in vier Kategorien. Parallel ist das Netz-Publikum gefragt: Seit 15 Uhr kann jede*r Internetnutzer*in unter www.grimme-online-award.de/voting für den Publikumspreis abstimmen. Das Gute daran: Jede*r, der oder die online votet, kann nicht nur dem eigenen Lieblingsangebot zu einem Preis verhelfen, sondern auch an der Verlosung zweier hochwertiger Tablets teilnehmen. Wer die Preisträger sind, zeigt sich dann auf der Preisverleihung am 23. Juni 2022 in der Kölner Flora.
Wer mehr über die Nominierungskommission, die Jury und das Auswahlverfahren erfahren möchte, kann sich unter www.grimme-online-award.de informieren. Auf dem Blog „quergewebt“ (blog.grimme-online-award.de) finden sich in Kürze Interviews mit den einzelnen Nominierten und auf Facebook (www.facebook.com/grimme.online.award) begleitet das Grimme-Institut das Wettbewerbsverfahren. Versehen mit dem Hashtag #GOA22 ist der Grimme Online Award auf Twitter (über twitter.com/grimme_institut) und auf Instagram (über www.instagram.com/grimme_institut/) präsent.
Auch im 22. Jahr werden der Wettbewerb und die Preisverleihung zum Grimme Online Award von verschiedenen Partnern unterstützt. Für die finanzielle Basis des Preises sorgt das Land Nordrhein-Westfalen, ein weiterer Beitrag kommt von der KölnBusiness Wirtschaftsförderung. Die Einspielfilme für die Preisverleihung werden erneut von Fernsehzimmer produziert, einer Full-Service-Filmproduktion in Köln. kultur.west, das Magazin für Kunst und Gesellschaft in NRW, ist in diesem Jahr Medienpartner des Grimme Online Award.