Nein, die Zeit der Flash-Vergiftungen ist vorbei: Programmbegleitende Internet-Angebote, innovative Web-Media-Sites und medienjournalistische Onlinemagazine präsentieren sich aufgeräumter und weniger hektisch-animiert als in den letzten Jahren. Das hält kreative Geister nicht davon ab, innovative Navigationskonzepte zu entwickeln: Die Nominierungskommission bekam viele derartig gestaltete Sites zu sehen. Der Einsatz animierter Menüs wirkt aber wohltuend dosierter als in der „Krabbelphase“ des Netzes.
Dieser Eindruck der Nominierungskommission spiegelt sich vor allem in der Vielzahl der vielversprechenden Web-Media-Sites wider. Das Netz emanzipiert sich und nutzt seine spezifischen Darstellungs- und Interaktionsmöglichkeiten immer konsequenter, um informative oder künstlerische Inhalte zu präsentieren.
Ein etwas anderes Bild ergibt sich in der Kategorie „TV-begleitende Websites“: Die Eigenständigkeit von sendungsbezogenen Online-Specials bleibt ausbaufähig. Zu oft gehen die inhaltlich durchaus interessanten Microsites in den starren und mitunter verwirrenden Strukturen der Senderportale unter. Häufig können sie noch nicht mal eine eigene URL vorweisen. Die Fernsehsender nutzen überdies ihre Ressourcen zu wenig. Das Bewegt-Medium Fernsehen präsentiert sich im Netz vornehmlich mit Standbildern. Das gilt für öffentlich-rechtliche wie für private Angebote gleichermaßen. Zudem ist anzumerken, dass in diesem Jahr weniger Websites der Privatsender vorgeschlagen wurden.
Man könnte meinen, dass Kostbarkeiten des Internets dort besser gedeihen, wo keine großen Verwaltungsstrukturen pfiffige Ideen überlagern: Die Perlen des Medienjournalismus finden ihren Nährboden zumeist ohne große Verlage im Hintergrund. Im Netz entwickelt sich derzeit eine neue Qualität in diesem Genre – mit einem auffallenden Trend zum Rezensionsjournalismus. Das Internet bietet zudem Raum für innovative Magazin-Konzepte, deren Anmutung an Print-Titel erinnert, wie etwa "Die Gegenwart". Es bleibt abzuwarten, ob diese vielversprechenden Impulse nachhaltig auf den gedruckten Journalismus Wirkung zeigen. Die in jüngster Zeit in Mode gekommene, emanzipatorische Darstellungsform des Weblogs fand sich zwar in vielen Vorschlägen, jedoch ist hier Medienjournalismus (noch) kein bestimmendes Thema. Lobend erwähnen möchte die Nominierungskommission das Angebot „Jump Cut. Magazin für Filmkritik“, das zwar inhaltlich durchaus überzeugte, jedoch hinsichtlich Struktur und Navigation noch ein erhebliches Optimierungspotenzial hat.
Echte Überraschungen konnte die Nominierungskommission in diesem Jahr nicht entdecken, dafür aber eine Vielzahl gut gemachter Sites, die vor allem durch ihre inhaltliche Tiefe und textliche Qualität überzeugen konnten. Das Netz ist nicht mehr nur Blinken und Animation – es ist vor allem ein innovatives, Impulse lieferndes Informationsmedium.