Mit seinem 50. Geburtstag blickt das Grimme-Institut in diesem Jahr auf ein halbes Jahrhundert zurück, das insbesondere mehr und mehr durch einen Wandel medialer Angebote und Öffentlichkeiten geprägt ist. Das alles erscheint oft wie ein rasanter Mixer, in dem kritische Medienbeobachtung zunehmend wichtiger wird. Angesichts von Umstrukturierungen, Verlusten bei Einnahmen und Publikum hat der klassische Medienjournalismus zunehmend in den Verlagshäusern seine angestammten und gebündelten Plätze wie die Medienseiten im „Tagesspiegel“ oder renommierte Angebote wie die „Medienkorrespondenz“ verloren.
Diese Verluste in der Medienkritik scheinen auf den ersten Blick unwiederbringlich, wie die schmelzenden Polarkappen. In ihrem einleitenden Beitrag greift Nora Frerichmann diesen Vergleich auf, um sogleich auf die Veränderungsprozesse hinzuweisen: In den „Sphären der sich immer weiter fragmentierenden Öffentlichkeit“ entstehen jenseits von institutionalisierten Anbietern Onlinemagazine wie Übermedien oder DWDL.de sowie über die sozialen Medien und das Genre Podcast neue, weniger festgelegte Formate. Und auch die öffentlich-rechtlichen Sender haben sich weiter in das Netz bewegt.
Das alles ist unter anderem dem Umstand geschuldet, dass sich das Verhältnis von Nutzer*innen und Medien verändert hat. Längst liegt die „Kontrolle“, wie über Jahrzehnte fast wie zementiert, nicht mehr „in den Händen von wenigen Auserwählten“, wie DWDL-Geschäftsführer Thomas Lückerath unter dem Titel „Die Demokratisierung der Medienkritik“ konstatiert. Martin Niewendick spricht in diesem Zusammenhang von den neuen „digitalen Citoyens“: Aus passiven Konsumenten sind aktive Communities geworden, die sich sichtbar in Diskussionen und Debatten einbringen – eine „neue Macht“, die sich mit einem direkten Feedback, aber auch mit Shitstorms auf die Arbeitsdynamiken in den Online-Redaktionen auswirkt.
Das birgt Chancen, aber auch Risiken. Und insbesondere die Mechanismen der Social-Media-Kanäle machen den Medienjournalismus noch relevanter, wie Iris Ockenfels, Redaktionsleiterin des NDR-Medienmagazins „Zapp“ im Gespräch mit Christina Quast feststellt. Nachrichten und Informationen erreichen uns längst auf vielfältigen Wegen und ploppen – oft ohne Angaben zur Herkunft oder der Quellen – bei Twitter oder in Messenger-Diensten auf. Um die Inhalte dieser „wilden Social-Media-Welt“ kritisch zu reflektieren und einzuordnen, entstand der Podcast „Lästerschwestern“. Wie Kritik hier funktioniert und diese zusätzlich durch die Community motiviert wird, darüber berichten Robin Blase und Lisa Ludwig.
Medienkompetenz wird so als grundlegende Säule der Demokratie immer wichtiger. Unter Federführung des Bayerischen Rundfunks (BR) bieten ARD, ZDF und das Deutschlandradio mit „so geht MEDIEN“ eine Plattform an, um Schüler*innen eine kritische Reflexion von Medieninhalten zu vermitteln. Satu Siegemund stellt das Angebot vor. – „Wir haben einen gesetzlichen Bildungsauftrag“, betont Prof. Dr. Kai Gniffke, ARD-Vorsitzender und Intendant des Südwestrundfunks (SWR). Im Interview fragt Stephan Lenhardt nach: Warum ist Medienbildung Aufgabe der ARD? Wie kommt die ARD diesem Auftrag nach? Und welche Angebote gibt es jenseits des Programms?
Lesen Sie mehr dazu in der „grimme“ Broschüre zum Grimme Online Award 2023. Diese kann kostenlos beim Grimme-Institut per E-Mail (online-award@grimme-institut.de) bestellt oder als PDF heruntergeladen werden.